Wo das Geld herkommt für die Friedensforschung
Friedens- und Konfliktforschung in Deutschland wird fast ausschließlich aus Finanzmitteln, die direkt und indirekt den öffentlichen Händen zuzuordnen sind, ermöglicht.
Eine wesentliche Fördereinrichtung ist die Deutsche Stiftung Friedensforschung (DSF). Sie wurde im Oktober 2000 durch die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), gegründet. Sie finanziert sich aus Erträgen des Stiftungskapitals in Höhe von 25,57 Mio. EUR und durch Zustiftungen.
„Die Stiftung verfolgt den Zweck, die Friedens- und Konfliktforschung ihrer außen- und sicherheitspolitischen Bedeutung gemäß insbesondere in Deutschland dauerhaft zu stärken und zu ihrer politischen und finanziellen Unabhängigkeit beizutragen. Der Stiftungszweck wird verwirklicht insbesondere durch
(a) die Förderung und Initiierung wissenschaftlicher Vorhaben,
(b) die Durchführung nationaler und internationaler wissenschaftlicher Konferenzen,
(c) die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses,
(d) die Förderung wissenschaftlicher Vernetzungen und die Vermittlung von Forschungsergebnissen in die Praxis und Öffentlichkeit.
Die Stiftung gibt darüber hinaus Impulse zur Fortentwicklung des Forschungsfelds, führt selbst jedoch keine wissenschaftlichen Untersuchungen durch. Die Stiftung unterstützt die internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit und Sichtbarkeit der deutschen Friedens- und Konfliktforschung und kooperiert hierbei mit anderen Einrichtungen innerhalb und außerhalb der Bundesrepublik Deutschland. Sie fördert damit den wissenschaftlichen Austausch und Dialog mit der Praxis, insbesondere auch auf der europäischen Ebene. Die Förderung durch die Stiftung ist mit der Verpflichtung verbunden, die Ergebnisse der geförderten Projekte und Vorhaben öffentlich zugänglich zu machen.“
„Die Vergabe der Fördermittel orientiert sich nicht an vorgegebenen thematischen Schwerpunkten. Anträge auf Projektförderung können aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen und zu vielfältigen friedenswissenschaftlichen Themenstellungen eingereicht werden.
Der Förderpraxis der DSF liegen die Leitlinien der Forschungsförderung unter dem Titel „Umgang mit friedensgefährdenden Konflikten“ zugrunde. Hierin sind drei zentrale Themenbereiche bestimmt, die bevorzugt gefördert werden sollen:
- Die Dynamik gefährlicher Konflikte
- Die Einmischung Dritter in gefährliche Konflikte
- Institutionen und Strategien der Zivilisierung gefährlicher Konflikte.
In den „Rahmenbedingungen Forschungsprojektförderung“ werden die Förderkonditionen und Bewertungskriterien aufgeführt, die maßgeblich für die Antragstellungen und Förderentscheidungen sind. Hierbei kommt der wissenschaftlichen Qualität und Originalität der Vorhaben eine zentrale Bedeutung zu.
Darüber hinaus werden ergänzende Faktoren wie z. B. die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und die internationale Zusammenarbeit sowie Vorschläge für einen möglichen Ergebnistransfer in die politische Praxis und Öffentlichkeit in die Gesamtbeurteilung einbezogen.
Im Jahr 2012 erreichte das Fördervolumen der Stiftung eine Gesamthöhe von 504 T€. Hiervon entfielen 340 T€ auf die Förderung größerer Forschungsvorhaben, 114 T€ auf sogenannte Kleinprojekte wie Pilotstudien und Tagungen sowie 30 T€ auf Vernetzungs- und Transferprojekte. Außerdem unterstützte die DSF das „Friedensgutachten 2012“ mit einem Förderbetrag von 20 T€.
Seit der Gründung der Stiftung summieren sich die Förderleistungen auf einen Betrag von mehr als 14 Millionen Euro. Hiervon entfällt etwa ein Drittel auf das Sonderprogramm zur Struktur- und Nachwuchsförderung, für das in den Jahren 2004 bis 2009 rund fünf Millionen Euro bereitgestellt wurden.
Die im Rahmen der Forschungsprojektförderung unterstützten Projekte lassen sich, von wenigen Ausnahmen abgesehen, folgenden Themenschwerpunkten zuordnen:
- Friedensvölkerrecht und internationale Organisationen
- Gewalt- und Krisenprävention
- Intervention in Gewaltkonflikte
- Friedenskonsolidierung nach Beendigung von Gewaltkonflikten
- Rüstungskontrolle und Abrüstung
- FriedenspädagogikHistorische Friedensforschung
Die Forschungsprojektförderung der Stiftung untergliedert sich derzeit in drei unterschiedliche Förderbereiche – größere Forschungsvorhaben, Kleinprojekte sowie Vernetzungs- und Transferprojekte –, die mit folgenden Konditionen verbunden sind:
Förderangebote der Deutschen Stiftung Friedensforschung
Forschungsprojekte
Laufzeit: bis 24 Monate
Förderhöchstbetrag: 175 Tsd. Euro
Antragstermine: 1. Juni und 1. Dezember
Begutachtung: mind. zwei externe Fachgutachten¹
Seit 2001 bewilligte Projekte: 60
Gesamtfördersumme (2001–2011): 7,4 Mio. Euro
Kleinprojekte
Laufzeit (Forschungsprojekte): bis 12 Monate
Förderhöchstbetrag: 20 Tsd. Euro³
Antragstermine: fortlaufend
Begutachtung: mind. ein externes Fachgutachten
Seit 2001 bewilligte Projekte: 150
Gesamtfördersumme (2001–2011): 1,3 Mio. Euro
Vernetzungs- und Transferprojekte
Förderhöchstbetrag: 10 Tsd. Euro
Antragstermine: fortlaufend
Begutachtung: keine, teilweise nachlaufende Evaluierung
Seit 2008 bewilligte Projekte: 17
Gesamtfördersumme (2008–2011): 79 Tsd. Euro
Neben der Deutschen Stiftung Friedensforschung fördern auch diverse Bundesministerien, Länderministerien und weitere Stiftungen direkt Projekte der Friedens- und Konfliktforschung.
Viele der friedensforschungsrelevanten universitären und außeruniversitären Einrichtungen werden auch von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziell mit Projektmitteln unterstützt, jedoch mit äußerst geringen Beträgen bezüglich der Friedens- und Konfliktforschung (unter 1%), wenn man die Gesamtmittel der DFG-Förderung betrachtet, die in den Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften fließen.
Stiftung Entwicklung und Frieden
Eine weitere der für Friedensforschung relevanten Fördereinrichtungen ist die Stiftung Entwicklung und Frieden (sef:).
Die Stiftung Entwicklung und Frieden (sef:) sucht nach politischen Antworten auf die komplexen Herausforderungen einer globalisierten Welt. Ihr übergeordnetes Ziel ist Frieden und nachhaltige Entwicklung weltweit auf der Grundlage sozialer Gerechtigkeit, Menschenwürde sowie eines respektvollen Umgangs mit der Umwelt und den natürlichen Ressourcen.
Die sef: sieht sich als ein international ausgerichtetes Forum für das gemeinsame freie und kreative Nachdenken über drängende Fragen von Frieden und Entwicklung. Sie bringt aktuelle und künftige politische EntscheidungsträgerInnen und PraktikerInnen sowie ihre BeraterInnen mit WissenschaftlerInnen und Akteuren der Zivilgesellschaft und der Wirtschaft in einen strukturierten Dialog. Dabei wirkt sie auch als Mittlerin zwischen unterschiedlichen (Lebens-)Welten und politischen Ebenen sowie als Übersetzerin zwischen Wissenschaft, Gesellschaft und Politik.
Ein besonderes Anliegen der sef: ist es, Perspektiven und Sichtweisen aus dem globalen Süden in die politische Debatte einzubringen. Die sef: ist eine überparteiliche Einrichtung, getragen von den Stifterländern Berlin, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen.
Die Gründung der Stiftung Entwicklung und Frieden geht zurück auf eine Initiative von Willy Brandt. Wichtiger Anstoß war seine Arbeit als Vorsitzender der Nord-Süd-Kommission, deren Abschlussbericht „Das Überleben sichern – Gemeinsame Interessen der Industrie- und Entwicklungsländer“ 1980 die Vision für eine Partnerschaft zwischen Nord und Süd entwarf.
Der Brandt-Report betonte gemeinsame Interessen aller Menschen und Nationen und plädierte für eine Neugestaltung der Nord-Süd-Beziehungen und eine Globalisierung der Politik. Seitdem ist die Notwendigkeit, die Eine Welt politisch zu gestalten, in das Bewusstsein der Weltöffentlichkeit gelangt. 1985 wurde Willy Brandt in New York für sein Engagement für die Dritte Welt ausgezeichnet. Bei der Preisverleihung erklärte er, dass nationale Versuche eines Krisenmanagements angesichts der globalen Dimension der Probleme nicht mehr ausreichten. Diese Preisverleihung war der Auslöser für seine Initiative zur Gründung der Stiftung Entwicklung und Frieden.
Noch vor der Preisverleihung setzte sich Willy Brandt mit Johannes Rau, dem damaligen Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen, in Verbindung und regte an, „Weitsicht mit Weltsicht“ zu verbinden und aus dem ihm verliehenen Dritte Welt-Preis gemeinsam ein unabhängiges Forum aufzubauen. Dort sollten Ideen und Informationen über globale Zusammenhänge entwickelt und die Themenkreise Ost-West und Nord-Süd konstruktiv miteinander verbunden werden.
Johannes Rau griff die Anregung auf und sicherte die Förderung durch das Land Nordrhein-Westfalen. Am 10. September 1986 wurde die Stiftung Entwicklung und Frieden gegründet. Gründungsmitglieder waren Willy Brandt, Johannes Rau, Kurt H. Biedenkopf, Ralf Dahrendorf, Friedhelm Farthmann, Uwe Holtz, Klaus Dieter Leister, Dieter Senghaas und Carola Stern.
Willy Brandt wurde Vorsitzender des Vorstandes und blieb dies bis zu seinem Tod im Jahre 1992. Seine Stellvertreter waren Kurt H. Biedenkopf und Ralf Dahrendorf. Johannes Rau übernahm den Vorsitz des Kuratoriums. Der Friedensforscher Dieter Senghaas wurde Vorsitzender des Beirates.
Nach rund 25 Jahren Stiftung Entwicklung und Frieden ist Brandts Vision einer Welt ohne Grenzen und Vorurteile, ohne Hunger und Angst vor Zerstörung aktueller denn je. Und so gilt noch immer, was der Gründungsvorstand 1986 als Zielsetzung der SEF umschrieb:
„Uns eint die Vision einer Welt ohne Grenzen und Vorurteile, ohne Hunger und Angst vor Zerstörung. Wir sind uns bewusst, dass diese Vision weder heute noch morgen verwirklicht werden kann. Aber wir wollen uns dafür einsetzen, schrittweise jenem Ziel näher zu kommen. Die Zukunft der Menschheit hängt davon ab, ob wir uns als Weltbürger begreifen und in globaler Verantwortung handeln.“
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