Anfänge der Friedens- und Konfliktforschung

frieden_04wGeschichte von 1945 bis heute

Nach dem Ende des 2. Weltkriegs im Jahr 1945 wurde 1959 von Johan Galtung das erste auf Friedensforschung spezialisierte Institut in Europa gegründet: das Peace Research Institute Oslo (PRIO). Im Jahr 1966 wurde von der schwedischen Regierung das Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) als Stiftung gegründet. Etwas früher, im Jahr 1958, wurde auf Initiative von Christl Küpper in München die Forschungsgesellschaft für Friedenswissenschaft gegründet, die sich ab den 1960er Jahren auf Friedenspädagogik spezialisierte.

Am 1.10.1959 wurde die Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW) während der Tagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft in Berlin von namhaften Physikern und Unterzeichnern der Göttinger Erklärung gegründet. Zu den Gründungsmitgliedern zählten Carl Friedrich von Weizsäcker sowie die Nobelpreisträger Max Born, Otto Hahn, Werner Heisenberg und Max von Laue.

Sie erkannten, dass Forschung und technische Entwicklung wertvollen Nutzen für die Gesellschaft bringen, jedoch auch missbraucht werden können. Sie waren daher überzeugt, dass sie als Wissenschaftler die Verantwortung haben, über die Folgen ihrer Forschung aufzuklären und vor Missbrauch ihrer Ergebnisse zu warnen. Seit ihrer Gründung hat sich die VDW um Geistes- und Sozialwissenschaftler ergänzt, so dass ein weites Spektrum von Themen kompetent behandelt werden kann. Die Vereinigung nimmt Stellung zu Fragen von Wissenschaftsorientierung und Technologieentwicklung einerseits und Friedens- und Sicherheitspolitik andererseits.

Mit den Ergebnissen ihrer interdisziplinären Arbeiten wendet sich die Vereinigung Deutscher Wissenschaftler ebenso an die allgemeine Öffentlichkeit wie an Entscheidungsträger auf allen Ebenen von Politik und Gesellschaft.

Die VDW unterhielt bis 1980 eine Forschungsstelle in Hamburg, die von Carl Friedrich von Weizsäcker und Horst Afheldt geleitet wurde. Zwei wichtige Forschungsergebnisse sind in dieser Forschungsstelle erarbeitet worden: „Ziviler Bevölkerungsschutz heute. Mit einer Stellungnahme zu den Gesetzentwürfen vom Nov. 1962“ und „Kriegsfolgen und Kriegsverhütung“.
Eine in der Frühzeit der Friedens- und Konfliktforschung wichtige Institution wurde das Max-Planck-Institut zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt. Es wurde 1970 mit der Berufung des Physikers und Philosophen  HYPERLINK „https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Friedrich_von_Weizs%C3%A4cker“ Carl Friedrich von Weizsäcker als Direktor gegründet. Weiterer Direktor war der Philosoph  HYPERLINK „https://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%BCrgen_Habermas“ Jürgen Habermas.

Das Institut widmete sich zahlreichen sozialwissenschaftlichen Fachdisziplinen, wie der  HYPERLINK „https://de.wikipedia.org/wiki/Krieg“ Kriegsverhütung, der  HYPERLINK „https://de.wikipedia.org/wiki/Entwicklungspolitik“ Entwicklungspolitik, der  HYPERLINK „https://de.wikipedia.org/wiki/Wissenschaftsphilosophie“ Wissenschaftsphilosophie und der  HYPERLINK „https://de.wikipedia.org/wiki/Sozialpolitik“ Sozialpolitik. Beispielsweise wurde der Begriff der „Neuen Internationalen Arbeitsteilung“, ein Vorläufer der  HYPERLINK „https://de.wikipedia.org/wiki/Globalisierung“ Globalisierungs-Diskussion, hier geprägt (von Folker Fröbel, Jürgen Heinrichs,  HYPERLINK „https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Otto_Kreye&action=edit&redlink=1“ Otto Kreye).

Nach der Emeritierung von Carl Friedrich von Weizsäcker im Jahre 1980 wurde das Institut in Max-Planck-Institut für Sozialwissenschaften umbenannt und sollte neu strukturiert werden. Aufgrund sich häufender Schwierigkeiten trat Jürgen Habermas im April 1981 als Direktor zurück, woraufhin der Senat der Max-Planck-Gesellschaft am 22. Mai 1981 beschloss, das MPI für Sozialwissenschaften zu schließen.

Im Zusammenhang mit der Gründung der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW) wurde die Deutsche Pugwash Gruppe als Sektion von Pugwash International ins Leben gerufen und wird seitdem durch die VDW unterhalten.

Pugwash International veranstaltet seit 1957 „Pugwash Conferences on Science and World Affairs“, an denen renommierte und einflussreiche Wissenschaftler teilnehmen, um Fragen der atomaren Bedrohung, der Verhütung bewaffneter Konflikte und Probleme der globalen Sicherheit zu diskutieren. Diese Konferenzen waren während der Zeit des Kalten Krieges ein ganz wesentliches Mittel zur Verhütung eines weiteren Einsatzes von Kernwaffen, nahmen an ihnen doch viele Politiker und Militärs der verfeindeten Lager von Ost und West daran teil. Pugwash International veranstaltet neben Jahrestagungen verschiedene Workshops zu Themen wie der nuklearen Abrüstung, der biologischen und chemischen Waffen, regionalen Konflikten, der Weiterverbreitung von Waffentechnologien und der Verantwortung der Naturwissenschaftler. Das internationale Netwerk von „Pugwash-Wissenschaftlern“ und politischen Experten arbeitet seit Jahrzehnten daran, Regierungen, internationale Organisationen und die Gemeinschaft der Wissenschaftler zu mobilisieren, um die Gefahr, die durch Massenvernichtungswaffen entstanden ist, zu verringern. Die Reputation der Pugwash Conferences gibt zudem die Möglichkeit, eine Rolle bei regionalen Konfliktlösungen in Afrika und dem Mittleren Osten ebenso zu spielen wie in Südasien oder auf der koreanischen Halbinsel. Auch engagiert sich Pugwash auf dem Gebiet neuer konfliktträchtiger Herausforderungen wie der Umwelt- und Klimaproblematik, der Gesundheit und der Landwirtschaft – also auf Gebieten, wo Wissenschaft und Technologie eine wichtige Rolle spielen.

Wichtige Autoren in Zeiten der „frühen“ Friedensforschung (von den späten 1950er bis zu den späten 1970er Jahren) waren u.a. die folgenden Personen:
Horst Afheldt, Theodor Ebert, Ekkehart Krippendorf, Dieter Senghaas, Fritz Vilmar, Carl Friedrich Freiherr von Weizsäcker.
Die Deutsche Stiftung Friedensforschung (DSF) hat in den Jahren 2014 – 2015 eine Pilotstudie mit dem Titel „Friedens- und Konfliktforschung in der Bundesrepublik Deutschland: Entstehung und Entwicklung eines problemorientierten Forschungsfeldes“ finanziert. Im Rahmen dieser an der Universität Augsburg durchgeführten Studie wurden u.a. Interviews mit Beteiligten an dieser Anfangsphase der Friedensforschung geführt, Archive durchforstet sowie schriftliche Dokumente und Materialien analysiert. Die Ergebnisse dieser Pilotstudie sind nicht zur Veröffentlichung gedacht, denn deren Ziel bestand vor allem darin, fundiert abwägen zu können, auf welcher Grundlage sich eine solche Forschung umsetzen ließe. Die gesammelten Erkenntnisse der Pilotstudie gehen in weitere Studien zum genannten Thema ein.

Dirk-Michael Harmsen

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